Bernhard Kämpf – zum vierten Mal Eidgenosse?»
28.08.2025 Sport-ReportagenAls wir uns vor gut zwei Jahren mit Bernhard Kämpf, dem Aushängeschild des Schwingklub Thun, unterhielten, nannte er das Erreichen des 100. Kranzgewinns sein vorrangiges Ziel. Damals hatte er 95 Kränze auf seinem Konto. Heute steht der 120-Kilo-Mann aus Sigriswil bereits bei 108 Kränzen und ein Ende seiner Erfolgsserie ist nicht abzusehen, vorausgesetzt, das «Sorgenkind Knie» macht mit.
Dass beim dreifachen Eidgenossen an einem guten Tag alles möglich ist, hat er schon oft bewiesen, so beispielsweise in diesem Jahr am Schwarzsee, als er am Mittag die Rangliste überlegen anführte. Gelingt es dem bereits mit drei eidgenössischen Kränzen ausgezeichneten zweifachen Brünig- und neunfachen Kranzfestsieger am Wochenende in Mollis beim Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest sein Potential während den beiden Tagen voll auszuschöpfen, ist er ein seriöser Anwärter auf den vierten eidgenössischen Kranz.
Kräfte schonen
Seit dem Brünig-Schwinget hielt sich der Routinier in den letzten drei Wochen zurück, nahm an keinem Fest mehr teil und reduzierte das Krafttraining, um am Wochenende mit vollgeladenen Batterien angreifen zu können. «Weniger ist mehr», sagt Kämpf und ergänzt, bescheiden wie immer: «Es galt, mich in körperlicher und mentaler Hinsicht gut zu erholen. Mein Ziel ist ganz klar den vierten eidgenössischen Kranz zu gewinnen», im Training ein paar Gänge schwingen, den Fokus auf Explosivität, Spritzigkeit und Schnelligkeit legen, so bereitete sich die Thuner Hoffnung auf das grosse Wochenende vor.
Offen lässt Bernhard Kämpf nach wie vor die Frage nach einer Teilnahme am Eidgenössischen, das in drei Jahren bekanntlich in Thun stattfindet. Der Sigriswiler wäre dann genau 40 Jahre alt – ein Mitmachen vor seinen Fans in der Heimat könnte einen würdigen Abschluss der glanzvollen Karriere bilden. Doch lassen wir das vorerst und freuen wir uns, wenn Kämpf am Wochenende die «Bösen» reihenweise mit seiner Spezialität, dem Fussstich, ins Sägemehl bettet.
Wieder in Berner Hand?
Das Eidgenössische Schwingfest ist seit vielen Jahren fest in Berner Hand. Dies nicht zum ersten Mal, man denke an die Zeiten, als der Habstetter Ruedi Hunsperger dreimal den Titel holte. Sieht man von 2022 ab, als Joel Wicki im Schlussgang den Emmentaler Matthias Aeschbacher bodigte, gab es seit dem Jahr 2010 ausschliesslich Könige aus dem Bernisch Kantonalen Schwingerverband.
Kilian Wenger leitete 2010 die Berner Siegesserie ein, ihm folgten Matthias Sempach, Matthias Glarner und Christian Stucki. Jetzt machen sich die Berner auf, um den vor drei Jahren an den Innerschweizer Joel Wicki verlorenen Titel wieder zurückzuholen.
Viele Anwärter
Neben Bernhard Kämpf, dessen Ziel der Kranz ist, reisen zahlreiche Berner mit echten Chancen nach Mollis, am 31. August den 800 Kilo schweren Siegermuni «Zibu» in Empfang nehmen zu dürfen. So breit wie diesmal präsentierte sich diese Liste wohl noch nie. Wir wagen einen Versuch, die aussichtsreichsten Anwärter auf die Königskrone zu nennen.
Überall, wo der Schwarzenburger Fabian Staudenmann antritt, gilt er als Topfavorit, Niederlagen sind bei ihm so selten wie eine Seegfrörni in Brasilien. In diesem Jahr gewann der zweifache Eidgenosse das Oberländische, das Mittelländische, das Bernisch Kantonale, das Freiburger Kantonale, auf dem Weissenstein, dem Stoos und der Schwägalp. Wer König werden will, muss Staudenmann bezwingen.
Adrian Walther, der Zwei-Meter-Mann aus Habstetten, ist im gleichen Atemzug zu erwähnen wie sein Freund Fabian Staudenmann. In diesem Jahr gewann der Modellathlet das Emmentalische und belegte viermal Platz 2. Der Brünig-Sieger von 2022 hat den Trainingsaufwand nochmals gesteigert, sein Sieg wäre keine Überraschung.
Seit seinem ersten Kranzgewinn am Mittelländischen 2022 kennt man Michael Moser aus Biglen, spätestens seit seinem Sieg am Emmentalischen 2024 ist er beinahe so gefürchtet wie Staudenmann und Walther, die er in der laufenden Saison beide bereits bezwungen hat. 2025 siegte er am Nordostschweizerischen, am Bernisch Kantonalen und am Oberaargauischen. Trotz seiner Jungend wirkt der 20-Jährige stets ruhig und überlegt.
Matthias Aeschbacher, der Routinier, der am Emmentalischen seinen 100. Kranzgewinn feierte, Schlussgangteilnehmer beim letzten Eidgenössischen in Pratteln, ist an einem guten Tag nur schwer zu bezwingen und derzeit blendend in Form. Auf dem Brünig stand er im Schlussgang.
Beim Schwarzenburger Michael Ledermann stellt sich die Frage nach seiner Fitness. Nach seinem überzeugenden Sieg am Seeländischen musste der tierliebende Bauernsohn am Mittelländischen aufgeben und hat seither kein Fest mehr bestritten. Deshalb steht die Frage im Raum: Wird sein Knie bis zum 30. August so fit, dass er acht Kämpfe durchzustehen vermag?
Weitere Berner, die Anspruch auf einen vorderen Rang und einen Kranzgewinn haben: Die Eidgenossen Severin Schwander, Florian Gnä- gi, Patrick Gobeli, Matthieu Burger, Patrick Schenk, Curdin Orlik. Auch Lukas Renfer und Lars Zaugg reisen mit grossen Hoffnungen nach Mollis mit dem Ziel, als Eidgenossen zurückzukehren. Weitere Thuner Schwinger, die mit Ambitionen ins Glarnerland reisen, sind Marco Iseli, der junge David Scheuner und Michael Leuenberger.
Die ausserkantonale Konkurrenz
Die Konkurrenz aus anderen Teilverbänden, welche den Bernern das Siegen schwer machen wollen, ist keineswegs zu unterschätzen. Auch die Innerschweizer und die Nordost- und Nordwestschweizer reisen mit einigen Siegesanwärtern nach Mollis. Wie in Bern Staudenmann wird in der Ostschweiz regelmässig Samuel Giger zuerst erwähnt. Er gewann heuer auf der Rigi, dem Ricken und den Kantonalfesten in St. Gallen und im Thurgau. Der mit der Schwester des kürzlich zurückgetretenen Killian von Weissenfluh, Michelle, verheiratete Mann aus dem Appenzellerland, ist zusammen mit König Joel Wicki, dem Sieger des Nordwestschweizerischen Damian Ott, Werner Schlegel, Armon Orlik, Pirmin Reichmuth, Christian Schuler und Joel Strebel einer der Ausserkantonalen, der den Bernern die Suppe versalzen könnte. Pierre Benoit
Bernhard Kämpf wurde am 15. Juni 1988 in Thun geboren. Er ist gelernter Elektromonteur, hat eine Weiterbildung zum Elektro-Sicherheitsberater sowie die höhere Fachschule Energietechnik, Elektrotechnik abgeschlossen, arbeitet auf der Gemeindeverwaltung Sigriswil und schwingt im Schwingklub Thun. Der Vater einer sechsjährigen Tochter gewann bisher 108 Kränze und ist dreifacher Eidgenosse. Seine Brüder Marcel (10 Kränze) und Alexander (31 Kränze) schwingen ebenfalls im SK Thun.
Kämpfs grösste Erfolge
– 108 Kränze
– 3 Eidgenössischsche Kränze
– 9 Kranzfestsiege
– 2 Siege auf dem Brünig, 2015 und 2017, 2016 im Schlussgang
– Sieg am Südwestschweizer Teilverbandsfest
– 3 Siege am Oberländischen
– Siege am Mittelländischen und Oberaargauischen
– Rang 2 am Kilchberger