Eine höchst eigenständige Gemeinschaft
28.09.2023 ReportagenTeuffenthal, eine kleine Landgemeinde im linken Zulgtal, mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken. Doch hinter den sanften Hügeln und Wiesen verbirgt sich eine lebendige, kleine Gemeinschaft – geprägt von hoher Eigenständigkeit und einer engagierten Gemeindepräsidentin.
Die zirka vier Kilometer lange und bis 1.5 Kilometer breite Gemeinde Teuffenthal besteht aus einer Landschaftskammer, grösstenteils begrenzt durch eine Wasserscheide. Die Streusiedlung ohne eigentlichen Dorfkern liegt auf 750 bis knapp 1400 Meter über Meer in einer von Land- und Forstwirtschaft geprägten Kulturlandschaft. Im Talboden liegen die zwei bedeutenden Weiler Burghalten eingangs Tal und an der Dorfstrasse rund um Schulhaus und ehemalige Bäckerei, daneben existieren mehrere Hofsiedlungen. In den Hangwäldern entspringen zahlreiche kleine Gewässer, die sich allmählich zum Allmitgraben vereinigen, der bald darauf im Talgrund versiegt. Weiter vorne fliesst der romantische Sagibach als Wiesenbach durchs Tal. Der Wüeribach und die Zulg, zwei tief ins Gelände eingeschnittene Gewässer, bilden im Nordosten die Gemeindegrenze.
Der Name bezeichnet die geographische Lage «im tiefen Tal» oder genauer: «tief hinten im Talgrund», in einem südlichen Seitental der Zulg. Das Wort ist eine Bildung aus dem althochdeutschen Adjektiv tiuf «tief» und dem Gattungswort tal. Rabenfluh und Zulgschlucht bilden zwei markante Kontrastpunkte im Gelände. Horrenbach-Buchen, Eriz, Oberlangenegg, Homberg, Heiligenschwendi und Sigriswil sind die Nachbargemeinden. Zirka in 15 Autominuten gelangt man nach Steffisburg und in 18 Minuten per Bus. Der Ort liegt eher abgeschieden und an keiner bedeutenden Verkehrsader. So sprechen die Vorteile der nahen Agglomeration und die Ruhe abseits von Industrie und Verkehr in einer intakten Natur für die Lebensqualität in Teuffenthal. Und darüber weiss Gemeindepräsidentin Franziska Fuss eine Menge zu erzählen.
Seit 1991 ist Franziska Fuss in Teuffenthal daheim. Geboren und aufgewachsen im benachbarten Reust, zog es sie der Liebe wegen in dieses charmante Dorf. Ein Mann und Bauer aus Teuffenthal fand einen besonderen Platz in ihrem Herzen und sie entschied sich, hier ihre Wurzeln zu schlagen. Gemeinsam betreiben sie einen Milchwirtschaftsbetrieb, der sich auf die Rinderaufzucht und Zuchttiere spezialisiert hat. Franziska Fuss ist eine echte Teuffenthalerin geworden und das spiegelt sich nicht nur in ihrem Beruf als Lehrerin an der Primarschule Fahrni, sondern auch in ihrem Engagement für die Gemeinde wider. Seit 2009 ist die Bäuerin die Gemeindepräsidentin von Teuffenthal und seit 2004 Mitglied des Gemeinderats, wo die Imkerin unter anderem in der Schulkommission tätig war. Apropos, Schule: Die Schule von Teuffenthal, Homberg und Horrenbach-Buchen ist als «Schule linke Zulg» zusammengefasst. Unterrichtet wird an vier Standorten in altersdurchmischten Klassen. Im Schulhaus Teuffenthal wird heute noch eine Basisstufenklasse unterrichtet.
«Ich bin grundsätzlich ein politischer Mensch», sagt sie, «Themen des Alltags und Zusammenlebens standen mir immer sehr nahe, zudem habe ich mich stets interessiert, was mit unseren Steuergeldern geschieht.» Diese Interessen führten sie zur politischen Arbeit, die sie heute mit viel Herzblut ausübt. In einer kleinen Gemeinde wie Teuffenthal nimmt eine Gemeindepräsidentin grossen Einfluss auf die Entwicklung und Gemeinschaft. Sie kümmert sich persönlich um viele Angelegenheiten: ist bei Geburten, Jungbürger/innenausflügen, Todesfällen, Familienangelegenheiten und bei Baugesuchen an vorderster Front mit dabei.
Mit ihrem Engagement möchte Franziska Fuss sicherstellen, dass alle und insbesondere die Kinder und Jugendlichen hier eine lebenswerte Zukunft haben. In Bezug auf die hohe örtliche Eigenständigkeit erklärt sie: «Wir sind interessiert, dass auch alle Bürger:innen mithelfen – und im Gemeinderat sind Leute, die anpacken. Das braucht es zuhinterst im Tal, wo wir mehrheitlich alles selber machen.» Die SVP-Frau koordiniert die verschiedenen Aktivitäten und setzt sich für die Belange der Gemeinde vis-à-vis Region, Kanton und Ämtern ein.
Der Ort ist von der Landwirtschaft geprägt und die Menschen hier schätzen die Bedeutung ihrer bäuerlichen Traditionen. Es gibt rund 70 Haushalte und eine Vielzahl von Landwirtschaftsbetrieben. Kleingewerbe und mittelständische Unternehmen sind ebenfalls vorhanden und die Gemeinde ist stolz darauf, ihre eigene Wasserversorgung und ihre eigene Stromversorgung zu haben. Häufige Familiennamen sind: Fahrni, Fuss, Küng und Wiedmer.
In Teuffenthal hat man nicht jedes Jahr grosse Projekte. Laufend steht der Unterhalt der Strassen im Fokus, oder die Gemeinde beschäftigt sich mit dem Aufrüsten der Infrastruktur. Aktuell des Schulhauses, wo daneben ein Bauer eine Schnitzelheizung erstellen und das Schulhaus mit Fernwärme versorgen wird, oder man realisiert eine Photovoltaik-Anlage auf dem Feuerwehrmagazin.
Ein Blick zurück
Wie das ganze Zulgtal gehörte das Gemeindegebiet im früheren Mittelalter zur Freiherrschaft Heimberg. Diese wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von den Zähringern übernommen. Das Gebiet ging im Jahr 1218 an die Kyburger unter Konrad von Teuffenthal. Der Ort fand am 17. Februar 1296 erstmals Erwähnung. Mit dem Übergang an die Stadt Bern wurde Teuffenthal im Jahr 1384 Teil der Landvogtei Thun und des Freigerichts Steffisburg. Kirchlich gehörte es lange zu Hilterfingen. Seit 1928 besuchen die Teuffenthaler:innen die Kirche von Buchen. Das Wappen zeigt in Gold eine rote Deichsel. Es wurde vom Familienwappen Konrad von Teuffenthals im Jahr 1945 von der Gemeinde angenommen.
Ein Blick nach vorne
«Wir kümmern uns um die Jungen und schauen, dass sie bleiben können», sagt die Gemeindepräsidentin über das Bestreben, junge Familien in der Gemeinde zu halten. Vor 20 Jahren lebten viele junge Familien im Ort. Im Moment ist die Altersgruppe der 41- bis 60-Jährigen am stärksten vertreten. Bauland ist auch hier zur Mangelware geworden. Ein grosses Thema ist das Bauen ausserhalb der Bauzone: etwa nicht mehr genutzten Raum aus Landwirtschaft oder Kleingewerbe umzubauen und als Wohnraum zu nutzen. «Es muss Lösungen geben, damit sinnvolles, unkompliziertes Bauen realisiert werden kann, da Wohnraum knapp ist», sagt Franziska Fuss und macht deutlich, dass sie sich über bürokratische Vorgaben auch ärgern kann. Die Leute haben einen starken Zusammenhalt und kümmern sich um ihre Nachbarn. Es gibt regelmässige Veranstaltungen wie die 1. August-Feier und kleine Feste, bei denen die geselligen Teuffenthaler:innen Gelegenheit haben, sich zu treffen. «Jeder sieht nach dem anderen», wertschätzt die Gemeindepräsidentin die Solidarität.
Sie erinnert sich an einen ihrer Erfolge: als es vereint gelang, im Jahr 2012 nach langem Bemühen, die STI-Linie 33 bis zum Schulhaus im Tal zu verlängern. «Das war ein Höhepunkt», erzählt sie stolz. Franziska Fuss ist eine Frau, die sich mit Leib und Seele für Gemeinde und Familie einsetzt. Teuffenthal mag klein sein, aber es ist ein Ort, an dem Gemeinschaft und Eigenständigkeit gelebt werden, und die Gemeindepräsidentin spielt eine wichtige Rolle dabei. Sie will sicherstellen, dass das auch in Zukunft so bleibt und ist zuversichtlich: «Meine Amtszeit läuft absehbar aus – wir wollen gut planen, doch hatten wir noch nie Probleme, obschon sich unsere Gemeinderäte, ohne Kommissionen, um alles kümmern.»
Barbara Marty
Zahlen und Fakten
Gemeinde: 3623 Teuffenthal
Einwohner: 163
Fläche: : 453 ha
Wald: 222 ha
Höchster Punkt: 1396 Meter über Meer
Steuerfuss: 1.80
www.teuffenthal.ch