Wer bringt Thun’s next Top-Tanne?

  11.03.2021 Reportagen

Der Sommer zeigt sich zwar noch einmal von seiner schönsten Seite, wenn für die IGT zum vierten Mal die Suche nach der schönsten Tanne beginnt. Als festlich geschmückter Weihnachtsbaum wird diese ab 13. November 2020 vom Rathausplatz her die Innenstadt bereichern und über Thun hinausstrahlen.

Eine richtige Stadt hat einen richtig schönen Weihnachtsbaum. Darüber ist man sich einig. So hat dies die Thuncity, die Innenstadt-Genossenschaft Thun, kurz IGT, ab 2017 an die Hand genommen und findet seither Jahr für Jahr mit einem Casting den schönsten Weihnachtsbaum, also quasi Thun’s next Top-Tanne. Es gelten diese Kriterien: sie muss mindestens zwölf Meter hoch, aus der Region stammen und von gleichmässigem Wuchs sein.

Falls ein derartiger Nadelbaum auf Ihrem Grundstück steht und Sie diesen gerne spenden möchten, bewerben Sie sich doch mit einem Foto des Baumes. Eine Jury aus IGT-Mitgliedern trifft dann die Wahl. Es lohnt sich: Das Fällen der Tanne sowie der Wegtransport übernimmt die IGT mit Profis – ganz zu schweigen von dem Ruhm, der einem Thuner Weihnachtsbaum zuteil wird; zumindest vom 13. November 2020 bis 6. Januar 2021, wenn die Tanne festlich geschmückt und leuchtend über den Rathausplatz ragt.

Vom Hochzeits- zum Weihnachtsbaum
Als die IGT im 2017 von der Burgergemeinde Thun den Part zur Organisation des Weihnachtsbaumes auf dem Rathausplatz übernahm, erklärte sie es sich zum Ziel, jeweils die wahrhaft schönste Tanne für Thun zu finden. Schliesslich belebt ein stimmig geschmückter, stattlicher Weihnachtsbaum das Weihnachtsgeschäft und lockt auch vermehrt Besuchende in der Festtagszeit in die Stadt.

So war auch die Familie Schmid aus Wattenwil mit Stolz erfüllt, als bei ihrer Tanne auf dem Rathausplatz erstmals die Lichter angingen. Die Tanne war nämlich eng verknüpft mit der Familiengeschichte. Schliesslich erhielt das Paar Silvia und Erwin Schmid sie damals vor 23 Jahren zu ihrer Hochzeit. Silvia Schmid erinnert sich lebhaft: «Das Tännlein war eher „bring“ und höchstens 40 Zentimeter hoch – mehr ein „Bäseli“.» Die Hochzeitsgäste hatten das Bäumchen mit Wunschzetteln fürs Paar geschmückt. Nach der Hochzeit durfte die Tanne im Garten der Schmids in Wattenwil wachsen und gedeihen. Und das tat sie zwar erst nur zögerlich, doch dann überragte sie bald das Einfamilienhaus und wurde eines Tages zu wuchtig – ja, zu dominant für das beschauliche Wohnquartier. So meldeten Schmids ihre Tanne im 2017 fürs Weihnachtsbaum-Casting der IGT an, und im Jahr darauf klappte es. So ging für ihren Hochzeitsbaum die Reise weiter.

Das Fällen des Baumes sei im Quartier zu einem besonderen Spektakel geworden, erzählt Silvia Schmid, lebhaft daran erinnert. Denn die Baumprofis von Stadtgrün kamen mit einem Sattelschlepper und der Abtransport wurde ganz schön knapp. Der Fahrer musste mächtig zirkeln, um mitsamt der schweren Fuhre um die Ecke des schmalen Quartiersträsschens zu gelangen. «Wir waren heilfroh, dass uns diese aufwändige Arbeit abgenommen wurde!». Zudem genoss die Familie mit ihren Freunden als geladene Gäste Mitte November das gemütliche Fondueessen auf dem Rathausplatz – als in ganz Thun die Weihnachtslichter angingen. «Es machte uns stolz, unser kleines Hochzeitstannli nun als stattlichen Weihnachtsbaum in Thun zu erleben», sagt Silvia Schmid lachend.

Wie die Tanne fällt
Das Thuner Tiefbauamt, also das Stadtgrün-Team fällt jeweils die Tanne und je nach Zugänglichkeit und Standort des auserkorenen Baumes tun sie das zu Zweit oder zu Dritt. Beim Platzieren auf dem Rathausplatz helfen Mitarbeitende vom Strasseninspektorat auch noch mit. Sie sind es, die die Bodenhülse vorbereiten, sowie die definitive Verankerung, so dass dem Baum auch ein starker Wind nichts anhaben kann.

«Der Baum muss eine gute Astverteilung und eine sattgrüne Farbe sowie einen geraden Stammverlauf haben», erklärt Niklaus Götti, der stellvertretende Leiter Stadtgrün. Nur so kann man ihn schön dekorieren und schmücken. – Und was geschieht eigentlich nach Weihnachten mit dem Holz des Baumes? Dazu Niklaus Götti: «Die Äste werden mit der Motorsäge abgeschnitten und als Grüngut in der Kompostieranlage entsorgt. Der Stamm wird gehäckselt und dient als Heizmaterial in einer Schnitzelheizung.»

Jeder Baum hat seine Geschichte
Doch davor wärmt der Baum die weihnächtlichen Emotionen, und also die Herzen der Thunerinnen und Thuner. Die beiden Dekorateurinnen Sandra Steinegger und Brigitta Lauber putzen ihn dazu festlich heraus und schmücken ihn nach allen Regeln der Kunst mit Kugeln, Bären, Sternen, Maschen, Schellen, Schaukelpferdchen und natürlich mit Lametta. «Wenn wir den Baum sehen, lassen wir uns von seiner Grösse, Form und Pracht inspirieren», erklärt Sandra Steinegger. So sehen die Deko-Profis ihn jeweils in Gedanken schon geschmückt vor sich, wie er schliesslich auf dem Rathausplatz stehen wird.

Bis es soweit ist, sortieren sie erst einmal die X-Tausend Schmuckstücke in vier Teile. Diese nehmen sie sackweise mit auf die Hebebühne. Danach unterteilen sie den Baum ebenfalls in vier Teile und arbeiten sich von oben nach unten durch. «Die grossen Kugeln kommen eher nach hinten – also ins Innere. Sie sorgen für die Tiefenwirkung. Die kleinen Kugeln platzieren wir dann vorne. Danach füllen wir die Lücken mit anderem Deko-Material auf.» Dabei bangen die beiden stets um das Gleiche: «Hoffentlich haben wir genügend Baumschmuck!»

Da der Baum meist über 12 Meter hoch ist, arbeitet das Deko-Team auf einer Hebebühne. Natürlich ist es von Vorteil, wenn man schwindelfrei ist, sonst wird’s schwierig. Bei grosser Kälte tragen die Dekorateurinnen Fingerhandschuhe. Das Befestigen der kleinen Teile ist aber trotzdem immer ziemlich mühsam. Auch sonst sind die beiden warm eingepackt, wobei Kleiderschichten dienlich sind. Es kann durchaus vorkommen, so wie etwa im letzten Jahr, dass sie andersherum den Weihnachtsbaum fast im T-Shirt schmücken konnten. Doch gewöhnen sie sich jeweils auch an die Kälte und freuen sich sogar umso mehr auf die Aufwärmpause.

Zudem ist die Grösse des Baumes stets eine Herausforderung. Dabei ist es nicht einfach, immer das Gesamtwerk zu sehen. Zwischendurch muss daher der Chauffeur der beiden etwas vom Baum wegfahren. «Wir drehen gemeinsam eine Runde und merken, wie wichtig der Blick aus der Distanz ist. Dann stellen wir sofort fest, wo wir „nacharbeiten“ müssen», sagt Sandra Steinegger. Für die Dekorationsarbeiten mitsamt Vorbereitungen wenden die Deko-Profis gegen 100 Stunden auf.

Einen weiteren wesentlichen Part übernehmen jeweils die Elektriker von ISP. In 70 Stunden Arbeit befestigen sie die 3600 Lichter akribisch und äusserst aufwändig mit Kabelbindern und sorgen mit ihrer Büetz dafür, dass der Baum so richtig zum Leuchten kommt!

Jeder Tag auf dem Rathausplatz ist für alle Involvierten einzigartig, mit unvergesslichen, berührenden Erlebnissen. Da entstehen schöne Begegnungen mit vielen Menschen, die etwa mit glänzenden Augen von ihren Kindheitserinnerungen erzählen, plötzlich stehen bleiben, still beim Schmücken zuschauen, den Teams ein paar Worte zurufen oder einfach zum Zeichen des Lobes ihren Daumen in die Höhe strecken. Eine Besucherin hat sogar einen selbst gebackenen Nidlechueche vorbeigebracht – als Dank für den schönen Baum.

Auch in diesem Jahr wird die Tanne – wie in den letzten drei Jahren – klassisch in Rot und Gold geschmückt. Die Farben gibt jeweils die IGT vor, und jetzt fangen die Augen der Deko-Frauen an zu leuchten: «Für 2021 haben wir dann eine ganz eigene schöne und besondere Idee. Wir möchten im Moment noch nicht mehr dazu verraten und freuen uns schon wieder sehr auf das diesjährige Dekorieren des Thuner Weihnachtsbaumes.»

Bewerbungen bis 30. 9. 2020 an: igt@thuncity.ch

Text: Barbara Marty

 


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