Die Arbeitswelt wandelt sich grundlegend – die Lebensstelle gibt es nicht mehr

  28.04.2021 Reportagen

Das Berufsberatungs- und Informationszentrum BIZ Thun unterstützt und stärkt Interessierte bei der Gestaltung ihrer beruflichen Laufbahn – ein Gespräch zu Fokus und Dienstleistungen des über 100-jährigen Zentrums im Wandel der Zeit.

Die heutige Arbeitswelt wandelt sich permanent. Neues kündigt sich laufend an und sorgt für neue Herausforderungen – und neue Chancen. Dabei ist vieles offen. Fest steht: Arbeit und Freizeit werden zunehmend weniger klar trennbar. Zudem wächst die Sehnsucht nach wahren Werten, nach Sinn. Die Digitalisierung betrifft die Arbeitswelt sehr stark: Sehr viele Beschäftigte sind heute auf Internet und Telekommunikation angewiesen – mit steigender Tendenz. In diesem dynamischen Umfeld den Überblick zu bewahren, stellt viele Menschen vor grosse Herausforderungen. Gleichzeitig gilt es durch die Wirtschaftskrise zu navigieren.
Die BIZ Berufsberatungs- und Informationszentren des Kantons Bern können unterstützen. Die acht Berufsberatungs- und Informationszentren (BIZ) – zwei davon in Thun und Interlaken – sind regional verankert und dank qualifiziertem Fachpersonal schweizweit gut vernetzt. Ob bei Berufs- und Ausbildungswahl, Laufbahngestaltung oder beim Wiedereinstieg – die BIZ sind ein wichtiger Partner. Das BIZ Thun ist das älteste der acht und seit 1918 beratend tätig. «Zu der Zeit geschah Beratung noch nicht in der heutigen Form», erzählt Roberto Veronesi, BIZ-Regionalleiter Oberland. 1918 entstand die erste Berufsberatungsstelle, geführt von Privatpersonen rund um Gymnasiallehrer Albert Münch. Er kümmerte sich um ausgebeutete Lehrlinge, vermittelte Lehrstellen, hatte ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Arbeitgeber, sprach Lehrgelder aus dem Stipendienfonds und engagierte sich für die Weiterentwicklung der Berufsberatung. 1932 wurde aus der privaten Initiative eine Aufgabe des Kantons.

Berufs- und Studienberatung – Laufbahnberatung
Worauf fokussiert sich das BIZ Thun heute? «Wir möchten Menschen jeden Alters mit Information und Beratung bei der bewussten Gestaltung ihrer Laufbahn stärken, so dass sie in Zukunft beruflich gut aufgestellt sind», antwortet Roberto Veronesi. Als Regionalleiter Oberland ist er seit fünf Jahren für die BIZ Thun und Interlaken engagiert. An den beiden Standorten arbeiten insgesamt 29 Mitarbeitende. Der diplomierte Berufs-, Studien- und Laufbahnberater liebt seinen Job wegen der Vielfalt und der enormen thematischen Bandbreite. Die umfassende Angebotspalette der BIZ kommt vor allem in den Übergängen der beruflichen Laufbahn zum Tragen und ist dann besonders sinnvoll – wobei eine Reflexion der eigenen Laufbahn auch ohne Wendepunkt durchaus von Zeit zu Zeit angebracht sein kann. Auch um die eigene Arbeitsmarktfähigkeit aufrecht zu erhalten.

Jugendliche unterstützt das BIZ bei der Berufs- oder Ausbildungswahl, der Lehrstellensuche oder der Suche nach einer passenden Schule. Für sie sind alle Beratungen kostenlos. «Die Beratungen finden nach Wunsch im BIZ mit Schutzmassnahmen statt, am Telefon oder per Video-Call», sagt Claudia Walther Jörg, Berufs- und Laufbahnberaterin. Die diplomierte Berufs-, Studienund Laufbahnberaterin arbeitet seit 14 Jahren im BIZ und findet ihren Job extrem spannend, weil sie täglich mit einer breiten Kundschaft zu tun hat. Von den fast 3000 jährlichen Beratungen ist die Hälfte in Thun mit über 20-jährigen Kundinnen und Kunden. Bei der Laufbahnberatung geht es häufig um Interessen, Kompetenzen und Werte. Am Anfang steht die kostenlose «Laufbahn-Klärung»: ein maximal 30-minütiges Gespräch mit ersten Informationen und dem gemeinsamen Festlegen des weiteren auf die Situation der Kundin zugeschnittenen BIZ-Angebots. «Momentan führen wir diese Gespräche telefonisch oder per Video-Call – Termine können direkt auf unserer Website gebucht werden», informiert Claudia Walther Jörg.

In jedem Berufsabschnitt gut beraten
So einzigartig wie jedes Leben ist auch die dazugehörige berufliche Laufbahn. Daher bietet das BIZ individuelle und auf jeden Berufsabschnitt zugeschnittene Beratung an. Auch bei schulischen oder gesundheitlichen Problemen oder schwierigen familiären Situationen kann das BIZ etwa mit professionellem Case Management unterstützen. «Wir bewegen uns in einem hochgradig dynamischen Umfeld – die Berufsund Arbeitswelt ändert sich ständig und wird in vielen Bereichen gerade extrem digitalisiert», hält Claudia Walther Jörg fest. Das sei besonders für über 40-jährige Berufsleute eine Herausforderung, sagt sie. Daher gibt es „viamia“, die kostenlose Standortbestimmung und Beratung für Erwerbstätige ab 40, die im Kanton Bern wohnen. «In diesem Alter ist es besonders wichtig, mit den Entwicklungen aktiv Schritt zu halten und am Ball zu bleiben, um nicht Gefahr zu laufen, später aus dem Arbeitsprozess zu fallen», betont Roberto Veronesi. Genau da setze man mit „viamia“ den Hebel an. „viamia“ ist eine Initiative von Bund und Kantonen, Bern ist einer von elf Pilotkantonen. Ab 2022 soll das Angebot gesamtschweizerisch eingeführt werden.

SOS-Corona-Laufbahnberatung
Für Pandemie-Betroffene, ob angestellt oder selbstständig, bietet das BIZ im Moment die sogenannte „SOS-Corona Laufbahnberatung“: «Wir beraten die Betroffenen gezielt und kostenlos gemäss der aktuellen Arbeitsmarktsituation und finden gemeinsam mit ihnen heraus, was sonst noch möglich ist», erläutert Roberto Veronesi. Bei den Jungen liege die Lösung im Moment häufig in einer Weiterbildung, wie etwa Berufsmatur oder ein branchenspezifisches Angebot, hält Claudia Walther Jörg fest. Die Anmeldung erfolgt online oder via Kundenservice. Auch der im Sommer 2020 ins Leben gerufene Info-Service kann viele Fragen telefonisch oder per E-Mail beantworten. Mit spezifischen Veranstaltungen wie Webinare für Jugendliche vor dem Berufsabschluss oder Online-Trainings für Vorstellungsgespräche reagiert man ausserdem auf die aktuellen Umstände.

Infothek als Dreh- und Angelpunkt
Wer das BIZ Thun betritt, ist augenblicklich im Bann einer anschaulichen, interaktiven und multimedialen Ausstellung in deutscher Sprache – der Infothek. Sie ist seit November 2019 als Neu-Konzeption für sämtliche Infotheken des Kantons am Pilotstandort in Thun etabliert. Jährlich wird die Infothek allein in Thun nahezu 7000 Mal besucht. Für Interessierte ab der siebten Klasse bis über die Pensionierung hinaus beinhaltet sie auf 180 Quadratmetern strukturierte, selbsterklärende Informationen, die man zum Teil ausleihen, sich nach Hause mailen oder vor Ort ausdrucken kann. Der Besuch ist ohne Voranmeldung möglich und lädt zum Ausprobieren ein. Auch für das Haptische ist gesorgt: In der Touchbox findet sich Werkzeug und Material, im Zusammenhang mit den jeweiligen Berufen. Meine beiden Gesprächspartner freuen sich über die rege Nutzung des Angebots und hören von Besuchenden häufig, es sei hier übersichtlicher und ansprechender als im Internet. Zudem finden es viele spannend, mit den QR-Codes und Karten auf Entdeckungsreise zu gehen. Spezielle Themen-Inseln geben Auskunft etwa zu Stellensuche, Standortbestimmung, Berufe, Aus- und Weiterbildungen, Selbständigkeit, Finanzierung oder Arbeiten im Ausland.

Mit Blick in die Zukunft
Um noch mehr Kontakt zu den Leuten zu schaffen, werden die BIZ ab 2022 häufiger in der Öffentlichkeit anzutreffen sein – zum Beispiel mit einer mobilen Infothek in einem Kleinbus. «Wir werden etwa auf öffentlichen Plätzen, bei Bibliotheken, Einkaufszentren und Messen mit dem BIZ-Mobil auffahren», verrät Roberto Veronesi. Schon jetzt gibt es vielfältige Veranstaltungen und weitere Aktivitäten. Ein Besuch der Website gibt auch dazu Aufschluss und beantwortet häufige Fragen.
Barbara Marty

BIZ Thun, Scheibenstrasse 11C, 3600 Thun
Tel. 031 635 59 00,
www.be.ch/biz
Info-Service: Telefon 031 636 83 00
infoservice.biz@be.ch

 


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