Die Familienära für den Stein geht in die nächste Etappe

  02.06.2022 Reportagen

Chrigu Messerli ist Steinhauer. Das alte Handwerk betreibt er in der vierten Generation. Heute wirkt der gebürtige Thuner ausschliesslich vom Steinbruch Burgseeli in Goldswil aus. – Ein Gespräch mit ihm über Naturstein, Tradition und Verantwortung.

Man kennt ihn als kernigen Menschen mit einer ausgesprochen umgänglichen Art. Chrigu Messerli mag es rundheraus. So nennt der Steinhauer die Dinge beim Namen und will seinen Vornamen «partout» nur in der umgangssprachlichen Kurzform geschrieben und gesprochen haben. Damit setzt er zudem ein Zeichen für die frische Etappe in seiner Unternehmerzeit: «Bis Ende 2020 führte ich mein Steinhauer- und Grabmalgeschäft unter dem Namen Christian Messerli AG in Thun-Allmendingen – zuletzt war ich da mit acht Mitarbeitenden am Werk.» Als einen glücklichen Zufall beschreibt er die Möglichkeit der kompletten Geschäftsübergabe mitsamt Belegschaft und angestammtem Firmennamen durch den Verkauf an ein Thuner Bauunternehmen Ende 2020.
Unweit, genauer in Goldswil, gehen seine Geschäftstätigkeiten in kleinerer Form nahtlos weiter: Als Natursteine Burgseeli AG wirken Chrigu Messerli und sein langjähriger Mitarbeiter Florim Berisha am schönen Burgseeli noch bis 2034 – sofern Chrigu’s Plan aufgeht.

Damals vor über hundert Jahren
Schon sein Urgrossvater Karl war Steinhauer. Im Jahr 1919 gründete er seine Einzelfirma in Thun und setzte damit den Grundstein für die Generationen übergreifende familiäre Handwerkstradition. Grossvater Otto führte die berufliche Gepflogenheit in der zweiten Generation unter dem Namen K. Messerli’s Söhne AG mit seinen vier Brüdern weiter. «Sie waren beim Verbauen von Fenstereinfassungen und Treppenstufen im Bälliz und in der Bahnhofstrasse beteiligt und später bei den Fassadenrevisionen», weiss Chrigu Messerli zu berichten. Damals arbeiteten sie vorwiegend mit Kunststein und erschufen zudem viele Grabsteine.

Vater Edgar führte das elterliche Geschäft an der Pestalozzistrasse / Friedhofweg im gleichen Sinne weiter. Im Jahr 1971 erwarb er das Pachtrecht für den Steinbruch beim Burgseeli. Zu der Zeit baute man den Naturstein in Ringgenberg und Goldswil aus drei Steinbrüchen ab. Chrigu Messerli holt noch etwas weiter aus: «Vor mehr als 150 Jahren arbeiteten phasenweise bis 100 Mannen, vorwiegend lokale Bauern, in diesen Steinbrüchen.» Gewusst?: Die Treppen und Mauer-Abdeckplatten am Schlossberg Thun sind aus Goldswiler Kalkschiefer gebaut. Ebenso: die Junkerngasse, die Lauben und einige historische Gebäude in Bern.

Chrigu Messerli hat drei Geschwister. Einer seiner Brüder lernte Steinmetz wie der Vater in der Berner Münsterbauhütte. «Doch ich wollte unbedingt einen anderen Beruf ausüben und so lernte ich zuerst Maurer.» Die Tradition war schliesslich stärker als Chrigus’ Grind und der Maurer übernahm im Alter von 24 Jahren das väterliche Geschäft mit 17 Mitarbeitenden. Schnell entflammte auch seine Leidenschaft für den Stein. Es lag für ihn nun auf der Hand, eine Zusatzlehre als Steinhauer zu absolvieren. Im Jahr 1988 hatte er das Berufszertifikat in der Tasche und es hiess: «Dr Chrigu isch jetz o Schteihouer.» Zwei Jahre später kaufte der frischgebackene Unternehmer seinem Vater die Firma ab. Bis 1996 betrieb er sie am selben Standort. Danach zogen er und seine Belegschaft an die Tempelstrasse in Thun-Allmendingen. «Damals machte ich eine Wende hin zum Innenausbau, mit Schwerpunkt: Bäder.» Zu seinen stärksten Kunden zählen bis heute viele Gutbetuchte aus Saanenland und Gstaad. Der Steinhauer setzte voll auf den Naturstein und fokussierte sich auch auf den Handel damit. Landschaftsgärtner, Gartenbauer und Plattenleger aus der Region haben Freude an seinem Tun und verbauen das Naturprodukt etwa auf Gartenterrassen, Mauern, Aussentreppen und Sitzplätzen.

Garantiert echt – Naturstein
«No Fake ist mein Ding!» Darum und seiner grossformatigen, naturbelassenen Platten wegen liebt er den Naturstein. Nach alter Väter Sitte hat er auch noch den Ringgenberger Alpenkalk im Angebot. Daneben führt er solchen aus Schottland oder aus dem Kosovo ein. Dank seinem Mitarbeiter Florim Berisha, der wie schon sein Vater im Steinbruch von Messerlis arbeitet, sind da Verbindungen in den Kosovo. «Wir leisten mit dem kosovarischen Steinabbau soziale Unterstützung», freut sich der Meisterhandwerker. Vor Ort bauen Florim Berisha’s Bruder mit seinen vier Söhnen die Steinplatten ab. Im Kosovo gibt es keine Steinbrüche, sondern der Landwirt entdeckt das Vorkommen und die Berisha-Crew baut es dann ab. Danach wird die Fläche zugeschüttet und urbar gemacht. Dem Thuner ist ein möglichst naturnaher Abbau wichtig: «Wir haben in der Schweiz strenge Auflagen von Seiten Natur-, Landschaftsschutz und Fischerei.» Im unverbauten Steinbruch beim Burgseeli befindet sich daher ein interessantes Feuchtgebiet mit einer grossen Gelbbauchunken-Population.

Wo der Handschlag zählt
Ein weiteres Merkmal sind die über 50 Brunnen und Raritäten auf dem Gelände beim Burgseeli. Darunter antike Stücke aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Wer sich hier die Zeit nimmt, findet die eine oder andere mittel- bis sehr schwere Trouvaille. Der Steinhauer tätigt seine Geschäfte gerne persönlich und besiegelt sie per Handschlag. Doch kommt auch er nicht um Computer und Sekretärin herum.
Ausserdem augenfällig sind das «Moon Gate» (siehe Torbogen im Bild) und der Esel aus Stein, welche von der Hauptstrasse aus gut sichtbar auf die Steinbrecher hinweisen. Zum Esel meint Messerli lachend: «Ich liebe dieses Tier und sein störrisches Wesen!» Das Moon Gate hat der stolze Vater einer 24-jährigen Tochter – nein, aus ihr wurde keine Steinhauerin – durch die Mitarbeitenden damals nach seinem Plan bauen lassen. Es steht seither für den Durchblick und bildet heute zudem das Tor zum Burgseeli.

Kontrast zwischen schwer und leicht
Früher haben die Steinhauer und Steinmetze viele ihrer Werkzeuge selber geschmiedet. Daher kommt es, dass Chrigu Messerli fasziniert ist von Schmelzpunkten und ihren Wechselwirkungen. Schliesslich hat auch er noch mit Zange und Hammer an der Esse gestanden. Aus dieser Faszination heraus wuchs seine Liebhaberei für Kristallglaswaren sowie für Aussergewöhnliches aus Stein und Alabaster. An der Gerberngasse 7 in Thun betreibt er damit ein Verkaufsgeschäft und steht häufig selber in CHRIGU’S Glas- und Steinladen. Wo er neben Kristallglas auch Unikate aus Stein und Alabaster, etwa Wand- und Deckenlampen, Waschbecken, Dekorartikel, Skulpturen und vieles mehr feilbietet. Dazu sagt der leidenschaftliche Töff-Fahrer von alten BMWs: «Der Kontrast zwischen dem Unverwüstlichen, Schweren und dem Filigranen, Leichten fasziniert mich.»
Barbara Marty

Natursteine Burgseeli AG
Chrigu Messerli
Hauptstrasse 96, 3805 Goldswil
Telefon 079 210 10 40
www.natursteineburgseeliag.ch

 


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