Über Stock bis Blumenstein

  25.08.2022 Reportagen

Wo quellfrisches Wasser fliesst, die Leute freundlich grüssen, viele schöne Blumen wachsen und es noch mehr schöne Steine gibt – ein Blick auf Blumenstein zeigt, wie man mit Tradition und Heimatliebe der Zukunft entgegengeht.

Im Dorfladen tönt es: «Grüessech, Frou Wenger!» Etwas weiter im selben Ort stehen beim Bäcker Herr Rufener und Frau Winkler und «dörflen» angeregt nicht nur über den langersehnten Regen von letzter Nacht. Denn das ist so kristallklar wie das Quellwasser, das hier durch die Dorfleitungen rauscht: In Blumenstein kennt man sich und grüsst einander freundlich, auch wenn man sich nicht kennt.
Eine, die über die Leute von Blumenstein des Lobes voll ist, heisst Regula Hänni und ist seit zwölf Jahren ihre Gemeindepräsidentin. Als ehemalige Thunerin zog sie mit 21 Lenzen in den Blumensteiner Mühlespeicher aus dem Jahr 1741 und ist in Blumenstein geblieben. Nach bald 43 Jahren ist sie hier nunmehr stark verwurzelt und mit einer grossen Dankbarkeit den wunderbaren Schätzen dieses Erdenflecks gegenüber. Sie betont: «Wir haben bei uns einen Dorfladen mit Post-Agentur, eine Arztpraxis, eine Bäckerei mit einem kleinen Café, Friseure, viele Handwerker – insgesamt sind 50 KMU’s in Blumenstein.»

Der Ort ist nach drei Seiten für Auto und ÖV (Bus) gut erschlossen und besitzt einen Kindergarten und eine Schule. Ab der 7. Klasse gehen die Schüler:innen nach Wattenwil zur Schule. Im Auto ist man in 15 Minuten in Thun – im Bus in gut 30 Minuten. Das Vereinsleben ist lebhaft und viele Leute aus dem Dorf engagieren sich dafür. Blumenstein ist umgeben von einem fantastischen Naherholungsgebiet. «Die Jungen ziehen oft aus – viele kommen aber etwas später zum Leben hierhin wieder zurück», schmunzelt die Gemeindepräsidentin.

Ein Blick zurück
Blumenstein verfügt über eine reichhaltige und gut dokumentierte Dorf-Chronik, die urgeschichtlich von Römern und vorgermanischen Kelten geprägt wurde. Davon zeugen diverse in der Umgebung aufgetauchte archäologische Funde wie Münzen, Tonkrüge und ein Steinbeil. Einst thronte oberhalb vom Fallbach, dem Wasserfall neben der Kirche, auf einem steilen Felskopf sogar eine Burg. Jedoch verschwanden ihre Ruinen ab 1782 gänzlich. Im Ort gibt es heute noch rund 300 Häuser aus der Zeit um die Jahrhundertwende und davor – siehe Stockentaler Hausweg.
Seit neun Jahrhunderten steht am Fusse der Stockhornkette die Kirche von Blumenstein, ständig vom Wasser umrauscht. Sie erlebte viele Veränderungen: ihr ältester Teil ist der romanische Turm. Die mittelalterliche Anlage umfasst Kirche, Friedhof, Pfarrhaus, Pfrundscheune, Speicher und «Chüeierhuus». Das heutige Blumenstein entstand aus den drei Gemeinden: Blumenstein innert dem Bach, Blumenstein ausser dem Bach und 1752 kam Tannenbühl dazu. Hier erwähnenswert: Bis 1980 wurde im «Bad Blumenstein» und seinen Schwefelquellen noch gebadet. Beim Pfarramt ist die «Chronik von Kirche und Dorfschaft Blumenstein» mit allen Details erhältlich.

Neuer Buswendeplatz
Ein aktuelles Bauprojekt ist der zentrale Buswendeplatz mit neuer Haltestelle beim Dorfplatz. Dafür notwendig ist zuerst: das Versetzen der dortigen Entsorgungsstation auf den Gemeinde-Parkplatz beim Wehrdienstgebäude der Feuerwehr. «Wir erarbeiten dazu derzeit Varianten», informiert Regula Hänni. Die neue Haltestelle ersetzt drei, relativ nah aufeinanderfolgende Haltestellen (Gemeindehaus, Post und Dorf). Beim neuen Buswendeplatz wird es einen Unterstand, Sitzmöglichkeiten und geschützte Abstellmöglichkeiten für Velos geben.

Für das Projekt ist mit Gesamtkosten von 502 000 Franken zu rechnen, wovon die Gemeinde 96 000 Franken übernimmt. Die Gemeindeversammlung hat das Projekt sowie den erforderlichen Kredit mit grossem Mehr genehmigt. Die Gemeindepräsidentin freut sich über den «Goodwill» ihrer Bürger:innen und das Entgegenkommen von zwei privaten Anstössern, die dazu etwas eigenes Land abtraten: «Der nötige Radius zum Wenden wäre für den Bus sonst nicht erreicht worden!»

Eigene Quelle und eigene Energie
Neben den Blumen und den Steinen fliesst viel Wasser in Blumenstein: Fallbach, Riedbach und Gürbe heissen die drei Bäche, die zum Teil mitten durch das Dorf fliessen. Die Blumensteiner Haushalte werden wie 16 weitere Gemeinden mit quellfrischem, sehr sauberem und weichem Wasser vom Gemeindeverband Blattenheid versorgt. Auch verfügt die Gemeinde über eine Energieversorgung (EVB AG). «Das haben nicht mehr viele und darauf sind wir stolz!» fügt Regula Hänni an. Im selben Atemzug erwähnt sie das wichtige Dauerthema, den «Hochwasserschutz». Hier laufen verschiedene Projekte, die versuchen, den Entwicklungen von Klima und Wetter gerecht zu werden. So oder so macht es Spass, im Sommer an einem der lauschigen Plätze an der Gürbe zu «bräteln» oder im Winter, sofern es geschneit hat, den Hang beim Skilift hinunter zu kurven.

Am Ende des Tages
Blickt die Gemeindepräsidentin auf ihre Amtszeit, nennt Regula Hänni den Buswendeplatz als Meilenstein. Ebenso das Erarbeiten und beispielhafte Umsetzen des Neophytenkonzepts, wovon auch andere Gemeinden profitieren. Sie betont die unermüdliche Unterstützung von Freiwilligen und des Gürbe-Forsts. Ohne diese wäre das stete Bekämpfen der invasiven Pflanzen nicht möglich. So leisten viele einen Beitrag, den Blumen als Wahrzeichen im Blumensteiner Wappen auch in Zukunft zu entsprechen.
In ihrer Amtszeit gab es auch Rückschläge und Herausforderungen. Für sie überwiegt aber das Schöne. Sie schätzt ihre Erfahrungen mit den Leuten: «Wir haben tolerante Bürger:innen, gute Mitarbeiter:innen in der Verwaltung und ein starkes Team im Gemeinderat!» Regula Hänni ist schliesslich überzeugt: «Allei isch mä nüt!»
Barbara Marty


Zahlen und Fakten

Gemeinde: 3638 Blumenstein
Einwohner: 1263
Fläche: 1551 ha
Wald: 560 ha
Höchster Punkt:
2101 m ü. M. – Nünenenfluh
Steuerfuss: 1.75%

 


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