Valentina Ryser: Mit Leidenschaft, Ehrgeiz und Talent auf dem Weg nach oben

  07.12.2023 Sport-Reportagen

Die junge Thuner Tennisspielerin Valentina Ryser ist in der harten Welt der WTA (Women’s Tennis Association) kontinuierlich auf dem Weg nach oben. In diesem Jahr verbesserte sie sich um 191 Plätze und liegt neu in der Weltrangliste auf Position 295. Doch das soll noch lange nicht das Ende der Reise sein. Der Ehrgeiz und der Wille sind stark, das Talent ist vorhanden und die Leidenschaft, welche das Spiel der Bernerin prägt, spricht dafür, dass es auch im kommenden Jahr weiter aufwärts Richtung Top 100 geht. Den Aufstieg auf den Niesen über die Treppe zu bewältigen, ist kein Zuckerschlecken. Schon mancher SCB-Spieler, der im Sommertraining die 11 674 Stufen bewältigen und 1669 Höhenmeter überwinden musste, kann davon ein Liedlein singen. Doch im Vergleich zu einer Tennisspielerin, die sich anschickt, an die Tür zu den besten Hundert der Tennis-Welt anzuklopfen, ist der Niesen-Aufstieg ein Kinderspiel. «Zuerst möchte ich im nächsten Jahr Richtung Platz 200 vordringen, denn mit dieser Klassierung ist man berechtigt, an den Qualifikationsturnieren der Grand Slam-Anlässe teilzunehmen», sagt Valentina Ryser. Verständlich, denn mit den Grand Slams verbindet sie positive Erfahrungen. In Australien stiess sie vor vier Jahren im Juniorenturnier in die Achtelfinals vor, auch in Wimbledon und Paris stand sie im Einsatz. «Australien und Wimbledon gefallen mir besonders, auch Paris ist ein grossartiger Anlass», blickt die Thunerin auf ihre Junioren-Grand Slams zurück. Und wer weiss: Sollte sie plötzlich bei den US Open für Furore sorgen, würde wahrscheinlich auch das Turnier in Flushing Meadows auf der Beliebtheitsliste einen Platz einnehmen.

Thun–Neuenburg–Biel
Seit einiger Zeit wohnt Valentina Ryser mit ihrer Mutter in Thierachern, den Standort Biel, wo das Swiss Tennis-Leistungszentrum steht, hat sie aber nicht ganz aufgegeben. Oft trainiert sie dort, an der Roger-Federer-Allee, doch meist feilt sie zusammen mit ihrem persönlichen Trainer Aleksey Malajko in Neuenburg an ihrem Spiel, fünf Mal in der Woche fünf Stunden am Tag, aufgeteilt in zwei Tennis- und eine Konditionseinheit. Unterwegs ist sie mit dem Auto – so kommen pro Woche jeweils gegen 1000 Kilometer zusammen, auch dies kein Pappenstiel.
Begonnen hat die Karriere der Oberländerin im TC Thun, einem der schönstgelegenen Tennisclubs der Schweiz, in unmittelbarer Nähe von Strandbad und Thunersee, wo sie schon als kleines Mädchen die gelben Filzbälle übers Netz schlug. Nach ihrer Aufnahme in das Nationalkader von Swiss Tennis verlegte sich der Lebens-Schwerpunkt zuerst nach Biel und liegt nun in Neuenburg, wo sie über die Zusammenarbeit mit ihrem Trainer Aleksey Malajko, der sie auch an die Turniere begleitet, höchst zufrieden ist.

Die Achterbahnfahrt
Das vergangene Jahr beurteilt Valentina Ryser trotz ihrer klaren Ranking-Verbesserung eher zurückhaltend. «Ich begann sehr gut, der Start ist mir im Februar mit einem Turniersieg im Manacor, in der Akademie von Rafael Nadal, gelungen, doch danach fiel ich in ein Loch. Deshalb habe ich in Absprache mit meinem Trainer und meinem Mentalcoach Ramon Siegenthaler einige Sachen verändert, vermehrt darauf geachtet, mein Spiel bis zum letzten Punkt konsequent und mit Überzeugung durchzuziehen. Das ganze Jahr fühlte sich ein wenig an wie bei einer Achterbahnfahrt.» Gelungen ist der Abschluss der Saison mit dem insgesamt dritten Titelgewinn eines ITF-Turniers. In Sunderland, am W25-Anlass, gewann Ryser fünf Spiele in Serie und siegte auch im Final gegen die Tschechin Anna Siskova mit 6:2, 6:1 – im ganzen Turnier hatte sie keinen einzigen Satz abgegeben. Anders war die Gemütslage beim Anlass im spanischen Don Benito. Nach vier Siegen, unter anderem im Halbfinal gegen die als Nummer 1 gesetzte Türkin Zeynep Sonmez, war die Enttäuschung nach dem Final, den man knapper kaum verlieren kann, gross. «Nach mehr als vier Stunden Tennis bei über 40 Grad Celsius im dritten Satz, der wie die beiden ersten Durchgänge im Tiebreak entschieden wurde, zu verlieren, ist schon ärgerlich, selbst wenn der Sieg letztlich an eine gute Kollegin, die Österreicherin Tamira Paszek, ging.
Ihre grössten Erfolge feierte die Berner Oberländerin bisher allesamt auf Hartbelag, ihrer bevorzugten Unterlage. Hier gewann sie genau 66 Prozent aller Spiele.

Die Suche nach Sponsoren
Zählt man im WTA- oder auch im ATP-Ranking nicht zu den ersten Hundert, ist Tennis auf diesem beachtlichen Niveau eine teure Angelegenheit. Auf der WTA-Homepage ist nachzulesen, dass Valentina Ryser seit ihrem Wechsel von den Junioren zu den Aktiven ein Preisgeld von gerade einmal 67 700 US $ erspielt hat, seit sage und schreibe 2019, dem Jahr, als sie erstmals im Ranking auftauchte. Man stelle sich die Kosten für die Reisen mit Coach, das Essen und das Training mit den Autokilometern in der Schweiz vor, da fehlt vorderhand noch ein gehöriger Batzen. Vor allem die Eltern, die Sporthilfe mit einem Förderbeitrag von CHF 12’000 pro Jahr, Swiss Tennis und einige Gönner unterstützen Valentina Ryser auf dem Weg nach oben, zum Glück, denn aufgrund der fehlenden finanziellen Möglichkeiten ist dem Schweizer Tennis schon manches Talent verloren gegangen. Auf der persönlichen Homepage von Valentina Ryser wäre für das Aufschalten des Logos eines Sponsors noch genügend Platz vorhanden…
Pierre Benoit


Valentina Ryser wurde am 22. März 2001 in Thun geboren. Sie ist am Jahresende die Nummer 295 im WTA-Ranking und hat in diesem Jahr in Manacor und Sunderland zwei ITF-Turniere auf Stufe W15 und W25 gewonnen. Insgesamt drei ITF-Titel. Mit GC wurde sie zum dritten Mal Interclub-Schweizermeister. Ihr Trainer ist der Deutsch-Ukrainer Aleksey Malajko. Sie ist Mitglied im TC Thun, TC Allmend Luzern, TC Fr burg und bei GC.

 


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