Vor der Aareputzete ist nach der Aareputzete

  27.07.2023 Reportagen

Was vor über 15 Jahren begonnen hat, geht in die nächste Runde: Am Samstag, 19. August 2023 findet von der Mühleschleuse bis zur Kuhbrücke in Thun die alljährliche Aareputzete statt. Bei der gross angelegten Unterwasserputzaktion dürfen alle mithelfen!

Sommer in der Innenstadt: da wimmelt es zeitweise ganz schön von Leuten, die über die Mühlebrücke zum allseits so beliebten Mühleplatz flanieren, um dort das süsse Nichtstun zu geniessen, mit allem Drum und Dran. Das heisst, da wird auch ordentlich konsumiert. Klar, das ergibt Abfall. Doch warum dieser dann zu einem Teil in der Aare landet, bleibt offen. Über das Littering, also das achtlose Wegwerfen und Liegenlassen von Müll und seine Auswirkungen, haben wir im Thuner Amtsanzeiger vom 19. Mai 2023 bereits ausführlich berichtet. Das Vermüllen ist nicht nur in der Thuner Innenstadt ein Riesen-Problem. Heikle, in der Umwelt fast unabbaubare Stoffe wie Zigarettenfilter, Aludosen, Kaugummi, Plastik und PET, verursachen insbesondere im Gewässer massive, negative Effekte.

Bei der gemeinnützigen Aktion Aareputzete stehen denn der Gewässerschutz und die Sauberkeit im Fokus: «Vor drei Jahren haben wir beschlossen, unserer geliebten Aare etwas zurückzugeben und bei der Aktion einzusteigen», fasst es OK-Mitglied vom Verein Aareputzete und Flusssurfer Mike Lutz zusammen. Als Mitglied im Verein Flusssurfen Thun sind er und seine Freunde nun heuer in Eigenregie bei der Aktion am Start. Die Aareputzete gibt es schon seit über 15 Jahren und wurde vom Fischereiverein für die Region Thun ins Leben gerufen. «Insgesamt konnten wir so die Aare mindestens 15-mal bereits putzen», sagt Beat Berger, Vertreter der Fischerei-Pachtvereinigung Thun und langjähriger Organisator der Aareputzete.

Nun übergeben die Fischer die imaginäre Putzschaufel an den Flusssurfverein. Nachdem man im letzten Jahr den Anlass noch gemeinsam stemmte. Das Hochwasser verhinderte davor den geplanten Start im 2021. «Wir hoffen, dass die Aareputzete heuer erneut stattfinden kann und sind froh um jede helfende Hand und um gute Schwimmer:innen», so Mike Lutz. Beat Berger steht dem 13-köpfigen Aareputzete-OK-Team aus den Reihen der Flusssurfenden beratend zur Seite. Organisatorisch gibt es vor allem im Vorfeld einiges zu tun. Aber auch während der rund vierstündigen Aktion sind vor allem Logistik- und Team-Organisations-Geschick gefragt. «Im letzten Jahr umfasste unsere Crew zirka 35 Leute; darunter Schnorchler, Taucher, Standup-Paddler und solche, die für den Abfalltransport zuständig waren», berichtet Mike Lutz.

Freiwillige willkommen
Die samstägliche Aktion fiel stets positiv auf, so auch im letzten Jahr: «Wir erhielten viele Komplimente von Passanten und wurden von ihnen bekräftigt, was uns sehr freut», erzählt Lutz. Auch heuer dauert die Aktion an der höchstfrequentierten Stelle in Thun rund vier Stunden, ab 11 Uhr morgens. Dazu werden durch die Zuständigen extra die Schleusentore während der Aktionsdauer geschlossen, um die Strömung zu minimieren und die Sicherheit der Taucher zu erhöhen. Das erleichtert den Tauchenden das Putzen. So holten die Aareputzer:innen im letzten Jahr eine halbe Baumulde Ghüder aus der schönen, grünen Aare; wobei es beim Abfallherausfischen nicht um die Quantität geht. Zum Mitschreiben: Bereits ein Zigarettenstummel pro Liter Wasser reicht aus, um die Hälfte der darin schwimmenden Fische zu töten – kleinere Wassertiere reagieren auf die Giftstoffe noch sensibler. Ein Zigarettenfilter kann also bis 60 Liter Wasser, auch sauberes Grundwasser, verunreinigen und erzeugt stets Plastikmüll.

Auf dem Grund der Aare sammelt sich so einiges an Müll. Letztes Jahr habe man viele Handys getaucht, erzählt Mike Lutz; sowie: Portemonnaie-Inhalte, Schmuck, Mobiliar vom Mühleplatz und ein Projektil. In der Vergangenheit wurde sogar einmal eine Pistole aus der Aare gefischt und der Stadtpolizei übergeben. Ein nicht unwesentliches Problem sind laut Lutz auch die vielen Scherben im Fluss, welche dafür sorgen, dass die Aare-Badenden gut daran tun, stets Wasserschuhe zu tragen.

Die Aareputzer:innen hoffen auf kein Hochwasser vor der Aktion und auf eine steigende Anzahl freiwillig Helfenden. Interessierte können sich via Social Media (@aareputzete) und Website bei den Verantwortlichen melden. Wenn in der ersten Augustwoche ein Hochwasser kommt oder die Aare sehr viel Wasser trägt, wird der Müll weiter weg oder unter den Kies gespült. Dann sieht der Grund zwar sauber aus, der Müll liegt aber noch im Fluss. «Wir sind zuversichtlich und freuen uns – bis dahin sind auch Thuns Grossanlässe vorbei», hält Mike Lutz fest.

Zeichen setzen – präsent sein
Die Macher:innen der Aareputzete wollen vor allem Aufmerksamkeit generieren und auf das Littering- und Umweltthema mit seinen Auswirkungen in der Aare sensibilisieren: «Die Aare ist für uns der Ort, wo wir unsere absolute Leidenschaft, das Flusssurfen ausleben können. Zudem ist sie ein wunderschöner Erholungs- und Abkühlungsort und natürlich Lebensraum.» Auch für viele Mikroorganismen, Fische und für andere Tiere wie etwa den Stadtbiber, den viele so toll finden. «Das alles gilt es zu schützen!»
Am Stand der Flusssurfenden auf der Mühlebrücke wird es am Aktionstag weitere Informationen geben und aufgeschlossene Menschen, die mit interessierten Passanten gerne in den Dialog treten. «Wir tun gerne etwas Gutes für die Umwelt und verbessern mit der Aareputzete auch gleich noch unser eigenes Karma», sagt Mike Lutz, lachend. Barbara Marty

Infos und Support: www.flusssurfen.ch/news

 


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