Wacker Thun: jung, leidenschaftlich und ehrgeizig

  21.08.2025 Sport-Reportagen

Im Schweizer Handball sind die Spiesse in der Quickline Handball League – so der Name der obersten Spielklasse – ungleich lang. Da ist auf der einen Seite beispielsweise das Team der Kadetten Schaffhausen, wo mit der grossen Kelle angerichtet wird, auf der anderen Seite stehen einige Vereine, deren finanzielle Mittel weitaus bescheidener sind. Dazu gehört die Mannschaft von Wacker Thun, wo nicht der schnöde Mammon im Vordergrund steht. Hier ist ein junges Team am Werk, das sich mit viel Leidenschaft, Ehrgeiz, Trainingsfleiss und Kameradschaft seit Jahren tapfer auch gegen übermächtige Konkurrenz wehrt und den Platz in der obersten Spielklasse erfolgreich verteidigt.

Dies wird auch in der am kommenden Sonntag mit dem Auswärtsspiel bei St. Otmar St. Gallen beginnenden Meisterschaft nicht anders sein. Remo Badertscher, seit fünf Jahren Cheftrainer der Thuner, sieht vor Saisonbeginn eine Art Zweiklassengesellschaft. «Ich erwarte Kadetten Schaffhausen, BSV, Pfadi Winterthur, St. Otmar und Kriens-Luzern in der oberen Tabellenhälfte, RTV Basel, GC Amicitia, Suhr Aarau, Stäfa und wir kämpfen um die weiteren drei Playoff-Plätze.»
Noch nicht ganz vergessen hat man in Thun den Cupfinal der letzten Saison. Nach der grossartigen Qualifikation für das Endspiel standen die Thuner bis buchstäblich zur letzten Sekunde vor dem siebten Cupsieg der Vereinsgeschichte, ehe ein streng gepfiffener Penalty doch noch zur 32:33-Niederlage führte. Klar, dass die Mannschaft von Remo Badertscher auch in der kommenden Saison in ihrer «Spezialdisziplin», dem Cup, für Furore sorgen will.

Viel Routine verloren
Wie bereits in der vergangenen Saison plagen auch in diesem Jahr Sorgenfalten die Stirn von Cheftrainer Remo Badertscher. Mit Ron Delhees, Cedric Manse und Gabriel Felder sind drei erfahrene Stammspieler verletzt, was bedeutet, dass im rechten Rückraum vorderhand ein Linkshänder fehlt.
Mit Stefan Huwyler, Flavio Wick, Martin Kocich und Ivan Chernov stehen vier Akteure aus verschiedenen Gründen nicht mehr zur Verfügung, so dass in der Lachenhalle einmal mehr die wilden Jungen für die Musik sorgen müssen. «13 unserer 19 Kaderspieler stammen aus dem eigenen Nachwuchs», sagt der Coach nicht ohne Stolz in der Stimme. Auch vor dieser Saison haben mit Gregory Läderach und Nils Stettler zwei Junioren den Sprung ins Kader der ersten Mannschaft gemeistert. Dass es die Thuner immer wieder schaffen, eigenen Nachwuchs einzubauen, ist erstaunlich, denn das Einzugsgebiet von Wacker ist bescheiden. «Während andere Klubs aus einem relativ grossen Umfeld Spieler rekrutieren können, beschränkt sich dies bei uns auf den TV Steffisburg, was heisst, dass das Talentpotential im Oberland bescheiden ist», sagt Badertscher. Auch deshalb schätzt er in seiner Equipe den Biss, die Identifikation und die Treue mit dem Klub besonders. «Wir haben einen Topkern bestehend aus Spielern der Jahrgänge 2002 – 2005, die alle sehr aufnahmewillig sind, das verspricht für die Zukunft viel Gutes.»

Der legendäre Teamgeist
Es ist seit vielen Jahren bekannt, dass kein anderes Team einen so ausgeprägten Teamgeist besitzt wie Wacker Thun. Hier kämpft jeder für den anderen, ist sich keiner zu schade, auch weniger attraktive Aufgaben zu übernehmen – ein Verdienst des Trainers, von dem einer der Schlüsselspieler, der vor drei Jahren vom TV Steffisburg zu Wacker gestossene und derzeit noch verletzte Cedric Manse, sagt: «Er ist authentisch, die Trainings haben Hand und Fuss, er schenkt den Spielern Vertrauen, beschäftigt sich mit jedem Einzelnen und zeigt auf, wo man sich noch verbessern kann.»
Wacker trainiert normalerweise von Montag bis Freitag, sechsmal wöchentlich in der Halle, dazu kommen individuelle Trainings in Fitnesszentren und ein zusätzliches Schusstraining, wobei es zu berücksichtigen gilt, dass mit Ausnahme des einzigen Profis, Ante Gadža, sämtliche Spieler bis zu 80 Prozent einem Beruf nachgehen oder ein Studium absolvieren.

Gadža ist Gold wert
Geführt werden die Jungen auf dem Feld und im Training von Ante Gadža, über den Remo Badertscher des Lobes voll ist. «Er ist für uns in jeder Hinsicht Gold wert. Er zieht die jungen Spieler mit, steht spielerisch eine Klasse über allen anderen und versteht es im Spiel, immer das Richtige zu tun. Auch in menschlicher Hinsicht ist er ein Vorbild.» Der ehemalige Rückraumspieler der Nationalmannschaft Kroatiens aus der Hauptstadt Zagreb hat sich in Thun bestens eingelebt und fühlt sich mit seiner Familie pudelwohl. «Ich wurde hier mit offenen Armen aufgenommen, war im Team sofort akzeptiert. Auch meiner Frau und den beiden Kindern gefällt es hier ausgezeichnet, was für das Wohlbefinden wichtig ist», sagt der Thuner Starspieler, der alles andere als ein Star sein will. Pierre Benoit


Saison-Eröffnung ein Erfolg

Gestern lud Wacker Thun seine Fans zum mittlerweile bereits traditionellen «Seasonopener» ein. Die rund 400 Fans hatten Gelegenheit, bei Bratwurst und Getränken die Spieler persönlich kennenzulernen und die Kinder durften auch fleissig Autogramme ihrer Lieblinge sammeln. Im Anschluss an die Festivitäten fand eine Testpartie gegen den österreichischen Liga-Krösus Alpla HC Hard, genannt die «Roten Teufel vom Bodensee», statt. Für Wacker war diese Partie eine willkommene Gelegenheit, den Formstand einem weiteren Test zu unterziehen.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote