Von der Tradition des Schenkens

  12.12.2019 Saisonmagazin

Warum gibt es an Weihnachten Geschenke und wieso liegen diese unter einer geschmückten Tanne?

Damals wussten wir Kinder immer, wann die Weihnachtsgeschenke von
Grosseltern, Patinnen und Paten eingetroffen waren. Ab da veränderte sich wohl der Gesichtsausdruck unserer Mutter oder sie zog die elterliche Schlafzimmertür verheissungsvoll hinter sich zu. Jedenfalls wussten wir, die Geschenke waren da! Unsere Spannung stieg dann täglich noch an und die Vorfreude zauberte eben das Leuchten in die Kinderaugen. Was für ein Kontrast zu heute! Wo viele in den letzten Tagen vor Heiligabend oder am Weihnachtstag gehetzt und müde durch die Strassen eilen, weil sie unbedingt noch Geschenke kaufen müssen. Oft hört man auch von Stress in dieser Zeit der Liebe. Ja, bei nicht wenigen tritt der Koller auf den Plan. Daneben gibt es zwar die Entschleunigten, die entweder nicht mehr schenken oder ‚wichtelen’. Doch warum beschenken wir uns überhaupt an Weihnachten?

Was heisst schenken?
Ursprünglich bedeutet der Begriff schenken ein Gefäss schräg halten, sodass sein Inhalt ausläuft. Da im Mittelalter die Gepflogenheit herrschte, einem müden Wanderer einen Trank zu reichen, also ihm einzuschenken. So kam es schliesslich, dass schenken die Bedeutung von Geben bzw. Darreichen erhielt. Der Mundschenk war im Mittelalter ein Hofbediensteter, der für die Versorgung mit Getränken – vor allem mit Wein – zuständig war. Das waren sozusagen die heutigen Sommeliere.

Schenken zur Winterszeit
Schon die Germanen brachten in Winternächten ihrem Gott Wotan Geschenke dar, um seine Wut zu zügeln und ihn gnädig zu stimmen. In der Antike bestand zum Neujahrsfest der Brauch des Gabentauschs. Im alten Rom wurden dann kleine symbolische Geschenke gemacht: ein Zweig eines Baumes, kleine Tonfiguren oder frische Früchte. Damit wünschte man sich Glück im neuen Jahr. Im Christentum wurden ebenso einst Geschenke an Neujahr gemacht – bis zum Jahr 1691 war zur heutigen Weihnachtszeit der Beginn des neuen Jahres. Der Brauch des Gabentauschs zum Ende Jahr wurde später mit der Feier zur Geburt Christi vermischt. Dass heute am 24. Dezember die Geschenke verteilt werden, haben wir Martin Luther zu verdanken.

Warum Weihnachtsgeschenke?
Das Schenken steht also nicht im Mittelpunkt der Weihnachtsgeschichte. Im Matthäus-Evangelium sind zwar die Gaben der Sterndeuter aus dem Morgenland an das neugeborene Kind erwähnt, abgesehen davon ist aber da von weihnachtlichen Geschenken nicht die Rede. Tatsächlich basiert die christliche Tradition des Schenkens zu Weihnachten auch nicht auf den Gaben der Drei Könige – sondern ist eine Erinnerung an die Geburt Christi als Geschenk Gottes an die Menschheit.
Viele wird das erstaunen: Aber Weihnachten, wie wir es heute kennen, wird erst seit dem 18. Jahrhundert gefeiert. Diese Tradition entwickelte sich dann aber innerhalb weniger Jahrzehnte rasant.

Mädchen- und Bubengeschenke
Im 18. Jahrhundert herrschte strikte Geschlechtertrennung so auch bei den Weihnachtsgeschenken. Jungen bekamen zum Beispiel Zinnsoldaten, Steckenpferde und Säbel, um sich auf ihre Rolle im Militär vorzubereiten. Auch die Begeisterung für das Technische wurde bei ihnen gefördert, so waren Spielzeugeisenbahnen sehr beliebt. Die Taschenuhr, auch ein typisches Geschenk, stand für Disziplin. Mädchen dagegen sollten auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet werden. Puppen und allerlei Zubehör, wie Puppenkleider, Waschzuber, Spielzeugküchen oder kleine Nähmaschinen, waren also die Mädchen-Geschenke. Zudem gab es unterhaltsame Geschenke für beide Geschlechter. Zum Beispiel: Kreisel, Teddybären oder Hampelmänner.

Oh, Tannenbaum ...
Ein Brauch der Mittwinterzeit unserer Ahnen war der Wintermaien. Dabei holte man Obstzweige ins Haus, die da zum Blühen gebracht wurden. Ihr Aufblühen bestimmte die Zeit der Wintersonnenwende. Grüne Zweige symbolisierten seit jeher Schutz und Fruchtbarkeit. Die Lebenskraft in immergrünen Pflanzen stand auch für ewiges Leben und Heilkraft. Schon die Römer schmückten ihre Häuser zum Jahreswechsel mit Lorbeerzweigen. In den Alpen verwendete man Eibe, Stechpalme, Wacholder, Mistel, Buchs, Tanne und Fichte. Das waren denn die Vorläufer des Weihnachtsbaums. Im 18. Jahrhundert wurde dieser heidnische Brauch klugerweise von der Kirche übernommen, bis er schliesslich im 19. Jahrhundert immer populärer wurde, sodass der Weihnachtsbaum heute zum festen Accessoire in fast jeder guten Stube steht.


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